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ATELIER MENNI BACHAUER |
Allgäuer Zeitung Kaufbeuren, Samstag, 24. April 2004, Kultur am Ort
In der Fremde liegt so manche Musik
"Los Otros", sympathische Botschafter barocken Gamben- und Lautenklangs, in Webams
Konzerte im Ausland, eine Anstellung irgendwo fernab der Heimat: Fremd zu sein gehört seit jeher zu den wesentlichen Erfahrungen des Musikerdaseins. "Los Otros" machen da keine Ausnahme, im Gegenteil. Wo auch immer das Trio auftritt, sind wenigstens zwei seiner Mitglieder Ausländer - ob nun die in Bremen geborene Gambistin Hille Perl; der Lautenist Lee Santana, der aus Florida stammt; oder der Gitarrist und Tänzer Steve Player, ein Engländer. Zwar kann für Musiker auch in der Fremde mancher Ort, an dem man wiederholt konzertiert hat, ein Stückchen Heimat bedeuten. Doch für den Flecken Webams dürfte das beim Auftritt von "Los Otros" kaum gegolten haben. Erstmals nämlich hat hier in der Galerie der Bachauers ein Spitzenensemble der klassischen, genauer: der Alten Musik Station gemacht.
Wenn aber Fremdsein schon ein solch grundlegendes Thema für Musiker ist, dann ließe sich, so dachten sich die drei "Anderen", doch einmal ein Programm unter diesem Stichwort zusammenstellen. Ergebnis ist "D'un gout etranger", ein sinnfälliges Potpourri, denn das Fremde ist immer wieder' auch selbst Musik geworden, hat Komponisten zur Auseinandersetzung animiert, war geradezu Mode im späten 17. und beginnenden 18. Jahrhundert mit einer Fülle von Tanzsätzen im Nationalcharakter. Das konnte richtig exotisch klingen wie bei dem von "Los Otros" vorgestellten Santiago de Murcia, einem Spanier in Mexiko, der sich dort für seine Kompositionen von lokalen Musiktraditionen inspirieren ließ. Als aufregend fremdländisch galt aber schon, wenn ein Neapolitaner wie Giuseppe Porsile im Wien jener Zeit nach Art seiner Heimat zu komponieren beliebte.
Kaum, dass man Komponisten wie Porsile oder Murcia, Giovanni Schenck oder Giuseppe Corbetta, deren Lebensdaten in die Jahrzehnte vor und nach 1700 fallen, heute noch kennt. Da ist es nichts weniger als konsequent, wenn "Los Otros" dem Publikum von jenen Meistern erzählen und von den Eigenheiten ihrer Musik. Ganz nebenbei entsteht dadurch ein direkter Kontakt zu den Hörern, und der ist den drei völlig unprätentiös auftretenden Musikern spürbar wichtig.
Vergangen und doch lebendig
Auch in ihrem Spiel sind Perl, Player und Santana alles andere als trockene Buchstabierer. Improvisation spielt bei ihnen eine herausragende Rolle, nicht nur aus der Erkenntnis historischer Gepflogenheiten heraus, sondern sehr wohl auch als Ausdruck musikalischer Selbstbewusstheit. "Los Otros" begreifen Musik, auch wenn sie aus einer längst vergangenen Epoche stammt, als lebendigen Organismus, der auch dann, wennerin seinerwesentlichen Gestalt bereits notiert und damit vorgegeben ist, doch immer neu und damit in steter Variation erschaffen werden muss.
Ein schönes Beispiel dafür war die Collage über das im Barockzeitalter so beliebte Satzmodell der Folia. Im Zentrum dieses Variationenreigens über die bekannte Akkordfolge stand Marin Marais' "Les Folies d'Espagne".
Doch Hille Perl und ihre Begleiter gruppierten dazu auch eigene Varianten, so dass sich am Ende ein breit angelegtes, keineswegs schon von vorneherein durcharrangiertes Folia-Tableau ergab. Eigentümlich im übrigen, dass Hille Perl gerade in den raschen, hoch virtuosen Partien der Marais-"Folies" am meisten auf ihrer Gambe überzeugte. Zuvor wirkte die Artikulation dieser ansonsten über alle Zweifel erhabenen Virtuosin oft zu zögerlich, die Tonbildung für den dominierenden Part eines solchen Trios zu wenig durchgestaltet.
Ausgezeichnet in Form war an diesem Abend Steve Player, und zwar nicht nur als der mit differenzierter Schlagtechnik den Klanggrund und rhythmischen Fluss bestimmende Gitarrist, sondern auch als Tänzer.
Eindrucksvoll, wie er in der Porsile-Suite das wichtigste barocke Repertoire darbot. Dies gerage im Anbetracht der Schwierigkeit, dass auf dem hölzernen Podest die Schritte gegen~ über dem leisen Dynamik-Pegel der Laute von Lee Santana wie ein zusätzliches Schlaginstrument klangen und Player deshalb insbesondere bei Sprüngen darauf achten musste, exakt auf dem Taktschwerpunkt ZU landen.
Inwieweit sein gelegentlich in perkussives Stampfen mündender Stil dem Ideal des französischen Barock entspricht, bliebe zwar zu diskutieren. Aber eben auch Player zieht der risikoleeren Reproduktion allemal die lustvolle Neuschöpfung vor.
Stefan Dosch